Wie ich Endometriose bekam – wie das Absetzen der Pille mein Leben auf den Kopf stellte
Meine Erfahrung mit Hormonen & Endometriose
Bereits mit 14 Jahren bekam ich die Pille verschrieben. Das schien damals ziemlich normal zu sein, weil viele meiner Freundinnen in diesem Alter die Pille bekamen. Es war wie ein Trend. Ich war noch viel zu jung, um zu verstehen, wie die Pille eigentlich funktioniert und meinen Körper beeinflusst. Der Grund weshalb ich damals die Pille verschrieben haben wollte, war auch nicht wirklich ihr eigentlicher Zweck, also die Verhütung, sondern das Versprechen nach vollerem Haar, schönerer Nägel und toller glatter Haut.
Damals belächelten wir noch die Warnungen einer Freundin, welche von ihrer Mutter über mögliche Nebenwirkungen und negativen Folgen der Pille aufgeklärt wurde. Jeder nahm die Pille, als wäre es ein tägliches Bonbon vorm Schlafengehen.
Mit 19 hingegen entschloss ich mich schließlich die Pille abzusetzen. Ich hatte so viel Schlechtes darüber gehört und gelesen, dass ich es nicht mehr für richtig hielt, mich weiterhin täglich mit Hormonen vollzupumpen. Ich brauchte also mein letztes Blister auf und das war’s. Nie wieder Hormone, dachte ich mir. Was das später für Folgen haben würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Ich informierte mich über natürliche Verhütungsmethoden wie NFP und probierte diese auch einige Monate aus, um meinen Zyklus besser zu verstehen und kennenzulernen. Das kann ich übrigens jedem nur ans Herz legen, selbst wenn man damit nicht verhüten möchte. Ich habe in dieser Zeit sehr viel über meinen Zyklus gelernt und es hat mir richtig Spaß gemacht!
Tschüss Pille, hallo Schmerzen!
Als ich die Pille absetzte bekam ich erstmal sehr schlechte Haut. Ich bekam eine Art juckenden Ausschlag auf der Stirn und ich wurde ständig darauf angesprochen, was mir super unangenehm war. Ansonsten ging es mir jedoch gut und mein Körper schien das Absetzen gut zu vertragen.
Ungefähr nach einem halben Jahr bekam ich dann jedoch eines Nachts solche starken Bauchschmerzen, dass ich mich aus meinem Bett nach unten in die Küche zwingen musste, um nach Schmerzmitteln zu suchen. Ich war damals Au Pair in Irland und wollte meine Gastfamilie nicht aufwecken, weshalb ich mich entschloss die restliche Nacht mit einem Eimer unten auf der Couch zu verbringen. Ich hielt es für unmöglich wieder die Treppen hochzusteigen und mein Gastvater fand mich früh schlafend auf der Couch vor.
Meine Regelbeschwerden wurden einfach nicht besser und nebenbei plagten mich jedes Mal starke Kopfschmerzen, Übelkeit, schmerzende Gliedmaßen, Durchfall, Blähungen und Erbrechen. Erst über ein Jahr später ließ ich mich dann endlich bei einem Arzt komplett durchchecken und ich ließ ein großes Blutbild machen. Ich fühlte doch, dass irgendwas mit mir nicht stimmte.
Und siehe da, es stellte sich heraus dass ich nun auch noch eine Schilddrüsenunterfunktion hatte. Auch wenn ich diese Krankheit durch viel Recherche, Medikamente und einer angepassten Ernährung zum Glück relativ schnell wieder in den Griff bekam, war das erstmal ein Schock für mich. Noch nie in meinem Leben war ich auf Medikamente angewiesen. Ich fühlte mich vom eigenen Körper verraten.
Letztendlich kann ich nicht genau sagen, ob das Absetzen der Pille mitverantworlich dafür war. Vielleicht war mein Hormonhaushalt so gestört, dass meine Schilddrüse nicht mehr in der Lage war von allein ausreichend Hormone zu produzieren.
Neben meiner kaputten, sich regenerierenden Schilddrüse, wurden meine Regelschmerzen immer unerträglicher. Monatlich weinte und schrie ich vor Schmerz, musste mich mehrmals übergeben und Schmerztabletten kauen, um sie nicht wieder zu erbrechen.
Einmal Krankenwagen bitte!
Eines Tages war ich auf dem Weg zur Uni und schnappte schon im Bus bei jeder kleinsten Kurve nach Luft. Am Campus angekommen musste ich vier Stockwerke Treppen steigen. Wie eine hochschwangere Frau hielt ich mich am Geländer fest und erklomm eine nach der anderen Treppenstufe. Oben angekommen wusste ich jedoch, dass ich keine Minute im Seminar aushalten würde und lief kurzerhand wieder alle Treppen runter, begab mich in den nächsten Bus zurück nach Hause.
Leider schaffte ich es gerade mal zwei Haltestellen, bis es mir so schlecht ging, dass ich aussteigen musste, um den Krankenwagen zu rufen. Es dauerte nicht lang und ich kauerte mich übergebend auf dem Fußweg. Das war nicht gerade mein Glanzmoment. Leute versuchten mir zu helfen und auf mich einzureden, aber ich war so mit meinen Schmerzen beschäftigt und konnte nur noch schreien. Ich kann mir bis heute kaum vorstellen, dass sich Wehen anders anfühlen.
Ich fühlte mich von meinem eigenen Körper verraten.
Ich wurde in die Notaufnahme gebracht und untersucht. Nichts. Laut den Ärzten war ich gesund. Direkt nach meiner Periode suchte ich eine Frauenärztin auf und stellte mich bei ihr in der Akutsprechstunde vor. Ich wollte nicht glauben, dass das was ich erleben musste „nur“ Regelschmerzen sein sollten. Auch sie untersuchte mich gründlich per Ultraschall, fand jedoch keine Auffälligkeiten.
Eigentlich wollte ich um keinen Preis zurück zu Hormonen und lehnte das erneute Einnehmen der Pille ab. Letztendlich ließ ich mich dann jedoch trotzdem umstimmen und ließ mir einen sehr niedrig dosierten Hormonring verschreiben. Ich hatte von einer Freundin schon davon gehört und wollte einfach nur weg von der ständigen Angst und den unaushaltbaren Schmerzen.
Der Ring half mir tatsächlich und meine Schmerzen wurden nach und nach etwas erträglicher. Trotzdem musste ich immer noch Schmerzmittel nehmen. Ich probierte während der gesamten Zeit auch viele verschiedene schmerzlindernde oder zyklusregulierende Mittel, wie Mönchspfeffer, Magnesiumöl und spezielle Frauentees aus. (Welche dieser Mittel mir in dieser Zeit besonders gut oder eher weniger gut geholfen haben, kann ich bei Bedarf auch gerne nochmal näher vorstellen.)
Diagnose Endometriose
Meine Regelschmerzen waren besser, aber gingen nicht ganz weg und ich hatte ständig ziehende Schmerzen im Bein. Von den Ärzten wurde ich bisher immer nur mit hormonellen Verhütungsmitteln abgewimmelt, aber mir reichte das. Lange schon hatte ich im Gefühl das da was nicht stimmte. Könnte es sein dass ich Endometriose habe? Da mir der Begriff Endometriose geläufig war, sprach ich meine Frauenärztin direkt auf meinen Verdacht an.
Auch wenn man im Ultraschall nichts erkennen kann, ist es möglich Endometriose zu haben. Diese ist nur in manchen Fällen anhand von Zysten oder Verwachsungen in der Gebärmutter sichtbar. Um sie diagnostizieren zu können ist es daher meist notwendig eine Bachspiegelung in Form einer OP durchzuführen. Viele Frauen leiden jahrelang an den Folgen von Endometriose und Regelschmerzen, ohne überhaupt zu wissen, dass diese Krankheit existiert. Endometriose kann auch Nervenbahnen befallen, weshalb es auch, wie bei mir, zu Schmerzen an der Hüfte oder im Bein kommen kann. In besonders schweren Fällen, kann man sogar im Rollstuhl landen.
Nach dem Gespräch mit meiner Frauenärztin bekam ich eine Überweisung in ein Endometriosezentrum nach Berlin. Zu dem Zeitpunkt bestand ich auf die OP. Ich wollte endlich Klarheit. Genau einen Monat später fand dann meine erste Bauchspiegelung statt. Wer dazu meinen Erfahrungsbericht lesen möchte kann ihn hier finden: Meine Krankheit Endometriose – Meine OP-Erfahrung.
Siehe da; es stellte sich heraus, dass meine Vermutungen richtig waren. Es konnten gleich mehrere Endometriose-Herde, sowie auch ein Verdacht auf Adenomyose, einer weiteren Form von Endometriose, diagnostiziert werden. Endometriose ist eine chronische Krankheit und nicht heilbar, kann jedoch durch die OP und Medikamente in Schach gehalten werden. Ich weiß, ich bin noch nicht über dem Berg. Aber ich habe schon eine ganze Strecke geschafft und bin auf einem hoffentlich baldigen Weg der Besserung.
Was steckt sonst noch hinter der Diagnose?
Ich habe gelernt und lerne immer noch mehr auf mich zu achten und zu mir zu stehen, mich zu beschützen, lieben und wertzuschätzen. Meiner Meinung nach spielt die eigene Psyche bei der Entstehung chronischer Krankheiten oft eine viel größere Rolle als wir glauben. In meinem Fall bin ich mir sicher, dass es so war. Hätte mein Körper nicht irgendwann Alarm geschlagen, hätte ich wahrscheinlich auch niemals etwas an meiner mentalen Gesundheit geändert, und gelernt mehr auf mich zu achten.
Ganz egal, wie dein Weg verläuft, du bist nicht allein und du stehst das durch. Gib nicht auf. Lass dich nicht von Ärzten abwimmeln, die dich nicht ernst nehmen oder die Symptome nur als starkes PMS abtun. Du kennst deinen Körper und weißt was normal ist und was nicht. Löse dich von den Menschen die dir nicht gut tun. Wenn du das nicht schaffst, hab keine Angst dir Hilfe zu suchen und darüber zu reden. Besorge dir Bücher, lies Blogbeiträge, schaue Videos, oder höre Podcasts zu den Themen die dich beschäftigen und belasten. Was ich auf die harte Tour lernen musste war, dass mich mein Körper nicht verraten oder sich gegen mich gestellt hat, sondern mit aller Kraft versucht hat mich aufzuwecken. Er wollte mich dringend alarmieren genauer hinzuschauen und etwas zu verändern.
Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute. <3
Ein Kommentar
Nadine
Wow. Was eine für Story.
Ich bin gerührt.